Der Grabenweg ist eigentlich ein Wallweg. Die Häuser wurden am Wall neu gebaut. Nach dem Wegfall der Stadtmauer. Wenn auch erst nach 1900. Ein Haus zeigt am Türsturz das Jahr 1732 an. Der Türsturz stammt aus dem 1909 abgerissenen alten Schulhaus bei der Stadtkirche, erbaut 1732. Mußte dem Kirchenneubau weichen. Allerdings hieß der obere Teil der Schmiederstraße früher Grabenweg. Links und rechts der heutigen Walls mit Namen Grabenweg war der Schlossgarten, der nach und nach - nach dem Mauerfall - bebaut wurde. Der Schlossgarten, bzw. die Böschung des Walles war mit einem Gartenhäuschen des Grafen Stadions bestückt. Der Zürnersche Stadtaufriß von 1790 zeigt nahezu flächenmäßig bis zum damaligen Verlauf des Brehmbaches die Ausbreitung des Schlossgartens. Erst jenseits des Brehmbaches lagen die Taubsgärten.
Das Tauberbischofsheim der nationalsozialistischen Zeit brachte für die Büschemer Juden Verbote des Betretens von Anlagen, Wäldern, Wegen: "Schilder mit der Aufschrift: "Juden betreten diese Anlage auf eigene Gefahr!" waren in TBB in den Tauberanlagen beiderseits der Straße beim Haus Hodis [- damit auch am Grabenweg -, Einfügung von mir, J. W.], am Bahnwärterhaus am Höhberg, am Wasserreservoir und am Tennisplatz aufgestellt. Plakate wie: "Der deutsche Wald dem deutschen Volke" am Höhberg verboten den Juden indirekt in dieser Gegend spazieren zu gehen oder "Jud, du bist erkannt, zumal im Frankenland!", "Kauft nicht bei Juden!" am Bahnhof, diese Plakataufschriften machten den Juden bei jeder Gelegenheit bewußt, das sie als Ausgestoßene galten." In: Bernhard Müller: Juden und Judenpolitik in Tauberbischofsheim von 1933 bis 1945. Wissenschaftliche Arbeit zur Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Universität Heidelberg. 1980, Seite 20
"Der jüdische Junge Norbert Kraft besuchte im Jahre 1935/36 die 3. oder 4. Klasse der Volksschule in TBB. Auf dem Heimweg von der Schule ging er durch den Grabenweg, an dem ein Schild mit der Aufschrift: "Juden gehen hier auf eigene Gefahr!" angebracht war. Aus diesem "Grunde" wurde er von Mitschülern geschlagen und verhöhnt. Als die Eltern sich an den Lehrer wandten, der die Schüler zur Rede stellte, antworteten diese nur, daß der Jude selst Schuld sei, wenn er eine Straße betrete, an der ausdrücklich stehe: "Juden betreten diese Anlage auf eigene Gefahr." In: Bernhard Müller: Juden und Judenpolitik in Tauberbischofsheim von 1933 bis 1945. Wissenschaftliche Arbeit zur Prüfung für das Lehramt an Gymnasien. Universität Heidelberg. 1980, Seite 20 / 21
1935/36
Vor dem Haus von Louis Kraft im Grabenweg (Haus Nr. 4) singt eine Schulklasse das Schmählied "Wenn das Judenblut vom Messer spritzt ...". Louis Kraft, Kriegsteilnehmer im 1. Weltkrieg und Kriegsversehrter, rief daraufhin der Schulklasse zu "Euch muß ja die Zunge im Munde verfaulen!" und erhielt deshalb eine Anzeige und wurde mehrere Tage eingesperrt. Nach der Freilassung wollte ihn die SA erneut festnehmen und Louis Kraft flüchtete deshalb zuerst nach Unterwittighausen, dann nach Bad Orb. Nach Gesuchen an den Landrat Tellenbach konnte er nach Tauberbischofsheim zurückkehren. (B. Müller, Juden und Judenpolitik, Seite 22)