Liobakirche

In Büscheme gibt es mehrere Orte, an denen der Büschemer Lioba-Kult sich manifestiert. In der Liobakirche / Klosterkirche am ältesten im Tonnengewölbe und im großen Altarbild. Lioba schwebt an der Decke sprich Himmel über Büscheme. Hält schützend ihre Hand darüber. Büscheme mit alter Stadtkirche und Kirchturm, daneben als Sinnbild der Büschemer Doppelspitze, Doppeltürmerei, der Türmersturm, etwas niedriger, aber immer noch korrekt weitaus höher als die Stadttürme der Stadtmauer. Lioba selbst hat altersbedingt dieses Stadtbild von Büscheme nicht erleben können (Stadtmauerbau ab 12. Jahrhundert) und war wohl auch sehr lange in Büscheme vergessen gewesen. Allerdings soll in der Leonhardi-Kapelle ein Bildnis von Lioba gewesen sein (Siehe Anton Ullrich S. 132 in der 1955er Stadtchronik). Wohl vom Hochwasser unter der Hand Liobas hinweg geschwemmt. Deshalb auch unklar, welchen Alters das Bild war. Gehrig / Müller schreiben in der 1997 Stadtchronik auf S. 17, dass unter dem Amtmann Caspar Lerch von Dürmstein 1618 die Leonhardskapelle mit dem darin befindlichen Liobaaltar errichtet wurde. Statt Bild ein Altar? Wurde der neu geschaffen? Das heißt, bis zum 17. Jahrhundert fehlende Zeugnisse einer Liobaverehrung in Büscheme. Bis die Franziskaner kamen und den Liobakult in Büscheme so richtig nachhaltig installierten. Ab 1930 zweite Welle des Lioba-Kultes in Büscheme. Die Liobafigur, die nun am Liobabrunnen steht, wurde geschaffen. 1936 die eigentliche Sensation des Büschemer Lioba-Kultes. Eröffnung des Liobaklösterles im ehemaligen Pfarrhaus neben der Sebastianuskapelle. Ein deutliches Zeichen gegen die Volksgemeinschaftsideologie der NSDAP. Im Juli 1944 zahlreiche Bombenabwürfe auf östlicher Büschemer Gemarkung (Schlösserbergsseite Edelberg, Forstbuckel, Hamberg - Siehe auch Info zum Kremersloch). Ende März 1945 Schießereien beim Einmarsch der US-Soldaten. Büscheme kommt ohne größere Schäden, wenn auch mit einigen Toten entlang der Julius-Berberich-Strasse und Einschüssen beim 1866er Kriegerdenkmal sowie Beschädigung des Mariae Krönung Bildstockes auf dem Sprait davon. Deshalb wird der lokale Lioba-Kult von nun an mit einem lokalen Feiertag Ende September so richtig eindrücklich gefeiert. Da die schützende Hand Liobas über Büscheme und die Fürbitten an Lioba nach katholischem Glauben dazu beigetragen haben müssen. Bei den nachfolgenden Zerstörungsnachholungen durch Flächensanierungsabrissen hat leider die schützende Hand Liobas wenig ausrichten können.


Inzwischen ist die Liobakirche auch eine Gedächtnisstätte für Lioba. Richtig gut gemacht das Ganze, das nun auch die Bedeutung Liobas für Büscheme etwas "professioneller" als bisher darstellt. Mit viel Text über die lokale Büschemer Lioba-Kultpraxis.


Lioba von Tauberbischofsheim, früher Lioba von Bischofsheim, ist Kult in Büscheme. Dazu stellen sich einige Fragen an die Kultpraxis. Warum gibt es die Liobaweck, Liobabrötchen? Warum versammeln sich die Kultausübenden mit Fahrrädern und Autos auf dem Marktplatz vor der Liobakirche?


Es wird auch die Frage gestellt, ob Lioba überhaupt in Büscheme war mit Verweis auf neuere Literatur. "Erst die Franziskaner brachten im 17. Jahrhundert die Kunde von der Heiligen nach Tauberbischofsheim, vorher gab es kein Kloster und keine Gründungen von Frauenklöstern des angelsächsischen Bonifatius im Tauberbischofsheimer Raum. Kein historischer Beleg berichtet davon. ... So schön die alte Geschichte über Liobas Wirken und das Erblühen eines bedeutenden Kultur- und Bildungszentrums im Maintal ist, sollten wir doch bei den historischen Forschungsergebnissen bleiben. Es gibt keinen Beleg dafür, dass sie im Maintal tatsächlich gewirkt hat. Genaueres lässt sich im Buch von Bärbel Witten, Studien zur Kirchengeschichte, Band 13 unter dem Titel „Die Vita der Heiligen Lioba, eine angelsächsische Äbtissin im Karolingerreich“ finden." (Claudia Lodders, Leserbrief 08. September 2018, War Lioba wirklich in Tauberbischofsheim?)
Das Buch ist allerdings zu einem sündhaft teuren Preis erwerbbar. Was seine Verbreitung einschränkt. Die Büschemer sind zwar keine Schwaben, aber mindestens genauso sparsam. Insofern dürfte das Buch in Büscheme kaum bekannt sein. Der Lioba-Kult in Büscheme ist zudem Glaubenssache. Und der Glaube versetzt notfalls nicht nur Berge sondern auch Lioba nach Büscheme. Und der Glaube (v)ersetzt Fakten. Allerdings berichtet Rudolf von Fulda in der Vita Leobae wunderschön von einem gestauten Bach, der durch das Kloster verließt. Das passt büschemetopographisch ausgezeichnet zum Mühlbach, der vom Brehmbach abgestaut, abgezweigt wird für den Mühlenbetrieb. Insofern könnte man auch von Lioba vom Mühlbach schreiben, von Lioba vom Büschemer Mühlboach. Da müßten um Lioba konkurrierende Orte auch einen möglichen Klosterstandort an einem angestauten Bach haben, um mit dieser konkreten Aussage mithalten zu können.


Der frühere Büschemer Stadtpfarrer Anton Ullrich hat in der 1955 Stadtchronik noch einige interessante Erläuterungen angeführt. Ein Zitat aus der Vita Leobae (Anmerkung 27), die für ihn das Wirken Liobas in Büscheme bezeugt: "... et trans flumen, quod vocatur Tuberaha, in domum suam portaverunt" (sie trugen die erkrankte Schwester Willeswinda über den Fluß, welcher Tauber genannt wird, in ihre Wohnung). Das ist auch die Inschrift am Liobabrunnen.

Die Fahrzeugweihe wurde in Anlehnung an die Gefahren, die Lioba aufgrund ihrer Reisetätigkeiten drohten, 1954 erstmals eingeführt. Eine etwas schmale Ableitung, aber Gottes Wege bzw. die seiner Diener sind nun mal wundersam. Da könnte zukünftig auch der Wunsch nach Wiederkehr des 9-Euro-Tickets in die Liobafürbitte einfließen. Deswegen also mußten wir in der Kindheit mit geputztem und geschmücktem Fahrrad am Liobatag im September erscheinen.

Die büschemeoriginäre Verteilung der Liobabrötchen hat ihren Zusammenhang, dass Lioba besonders den Kindern zugetan war. In Fulda wurden bei einer Liobafürbitte von Müttern gern die Kinder kurz in das leere steinerne Grab Liobas gelegt. Um das Kinderwohl zu fördern verteilt man in Büscheme viel kindgerechter und lebensweltlicher die geweihten Liobabrötchen. Für meine Tante Anna galt es immer bei der Verteilung der Weck, auch einen für sie zu ergattern. Der fand den Weg dann unter ihre Bettmatratze. Was für das Kinderwohl gut ist, kann dem Alter nicht schaden. Gut dass das steinerne Grab von Lioba in Fulda steht und nicht in Büscheme. Das hätte meiner Kindheit in Büscheme einen schweren Schlag zugefügt, sich in dem kalten Steinsarg wiederzufinden. Und auch einen Besuch in der Liobakirche etwas eingetrübt.


Vom Büschemer Kapitell wurde vermutet, es könnte ein Rest aus dem alten Kloster Liobas sein. Von den Franziskanern gibt es schriftlich Zeugnis, dass sie noch steinere Reste gefunden hätten. Leider keine Hinweise, welcher Art diese Steine waren. Otmar Bischof hat in seinen Exkursen zum Tauberbischofsheimer Kapitell vieles an Gedankengängen investiert um nachzuweisen, dass es ursprünglich für Fulda bestimmt war und erst nachträglich und spät nach Büscheme kam. Der Buntsandstein des Kapitells stammt aus dem Bereich um Holzkirchen. Die in Fulda vorhandenen dagegen sind aus der Gegend um Bad Hersfeld. Da argumentierte Bischof etwas sehr waghalsig. Das hätte allerdings einen für die damalige Zeit sehr aufwendigen Transportweg des schweren, großen Steines bedeutet. Da läge näher, das Kapitell hätte seinen Weg von Holzkirchen direkt nach Büscheme gefunden. Und hätte vorher dem Kloster in Holzkirchen als Kapitell auf einer Säule gedient. Von einem Vorsitzenden (damals 2. Vorsitzenden) der Tauberfränkischen Heimatfreunde hätte man doch vielmehr erwarten können, er würde sein akademisches Potential eher im Nachweis eines original Büschemerischen Einsatzes des Kapitells verwenden. Nun ja, das Tauberbischofsheimer Kapitell ist ein Kapitel für sich. Wird sich der patriarchalische oder matriarchalische Blick auf Lioba, die historisch womöglichst am exakteste Sichtweise durchsetzen? Da essen wir erst mal einen Liobaweck!





Lioba Himmelfahrt
Lioba schwebt über Büscheme, links von ihr Darstellung Stadtbild mit Turm der alten Kirche, Türmersturm und Stadtmauertürme
Über Büscheme schwebende Lioba, die schützend ihre Hand über Büscheme hält (trotz langer Vergessenheit)


Rechts der Liobakirche der schmale Zugang zum Klosterhof neben dem reichen Spital
Zürner Darstellung von Marktplatz, Kloster, Liobakirche